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Zu Besuch bei Rat auf Draht – ein Lokalaugenschein

Von: Allianz Redaktion / Lesezeit: 5 Min / veröffentlicht am 9. Oktober 2015

In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl an regionalen Initiativen innerhalb der Allianz. Es war daher wieder einmal an der Zeit, ein gemeinsames Projekt zu starten, bei dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ganz Österreich – vom Neusiedler See bis zum Bodensee – die Möglichkeit haben, Teil einer großen Hilfsaktion zu werden. Wie es der Zufall so wollte, wurden wir Anfang des Jahres seitens unseren langjährigen Partners SOS-Kinderdorf gefragt, ob eine Unterstützung von Rat auf Draht denkbar wäre? Für uns stellte sich erst gar nicht die Frage, ob wir helfen. Für uns stellte sich lediglich die Frage nach dem WIE? Vor wenigen Tagen hatte ich anlässlich der Überreichung des Spendenschecks die Möglichkeit, einen Blick hinter die Kulissen von Österreichs größter Notruf-Hotline für Kinder und Jugendliche in Not zu werfen – diese Chance habe ich mir nicht entgehen lassen.

 

2014 hat SOS-Kinderdorf die Betreuung der österreichweiten Hotline vom ORF übernommen. 24 Stunden, 7 Tage die Woche ist das Expertenteam, bestehend aus Psychologen, Lebensberaterinnen, Sozialberatern, Psychotherapeutinnen und einem Juristen erreichbar. „Die Besonderheit dabei ist, dass es sich um keine ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer handelt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine entsprechende Ausbildung und üben diesen Job hauptberuflich aus“, verrät mir Birgit Satke, Leiterin von Rat auf Draht. Sie selbst ist seit den Anfängen dabei, also seit mehr als 20 Jahren. Österreichs größte Notruf-Hotline für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen ist völlig kostenlos und anonym erreichbar. Das ist auch gut, denn dadurch wird eine mögliche Hemmschwelle von vornherein aufgelöst.

 

 

Erfahrung ist in diesem Job einer der wichtigsten Faktoren überhaupt. Denn vorbereiten kann man sich auf das nächste Gespräch so gut wie gar nicht: „Man weiß nie, mit welchem Problem einen der nächste Anrufer konfrontiert“, so Satke, die mir minutenlang eine Liste der verschiedensten Themen aufzählt: Familie, Probleme in der Schule, Taschengeld, Scheidung, Mobbing, mittlerweile auch Cyber-Mobbing, Essstörungen, Beziehungsprobleme, Liebeskummer und Sexualität, Leistungsdruck, Prüfungsangst, Schwangerschaft aber auch sexueller Missbrauch…. – die Liste würde sich an dieser Stelle leider nahezu endlos fortsetzen lassen. In den letzten Jahren stehen Themen wie Datenschutz, Cyber-Mobbing und Fragen zu neuen Medien immer häufiger an der Tagesordnung.
Rat auf Draht ist rund um die Uhr erreichbar, auch in der Nacht und am Wochenende von 0 bis 24 Uhr. 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilen sich die einzelnen Dienste. Während es am Tag Schichten zu je fünf Stunden gibt, dauert die Nachtschicht von 22.00 bis 7.00 Uhr in der Früh. Und das ist notwendig, denn es vergeht tatsächlich keine Stunde, in der das Telefon nicht zumindest einmal läutet. Der Großteil der jungen Anruferinnen und Anrufer – die sehr häufig zwischen elf und 15 Jahre alt sind – meldet sich hauptsächlich dann, wenn die Eltern noch nicht zuhause sind, zum Beispiel am Nachmittag nach der Schule.
Aber auch am Wochenende wird versucht, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um so das Leben der Kinder etwas einfacher zu gestalten. Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren melden sich ebenfalls häufig, Kinder im Volksschulalter dagegen etwas weniger. Die Notruf-Hotline hat aber auch für Eltern und Bezugspersonen der Kinder ein offenes Ohr. „Häufig melden sich nicht nur Eltern sondern auch Lehrer, besorgte Nachbarn oder Kindergartenpädagoginnen“, so Satke. „Uns erreichen Anrufe aus ganz Österreich, aus Ballungszentren, wo mehr Kinder und Jugendliche wohnen, sind es prozentuell auch mehr Telefonate.“
„Wir sind fast immer mit echt heftigen Themen konfrontiert. Denn wenn sich ein junger Mensch einmal überwindet, bei einer anonymen Stelle anzurufen, dann sieht diese Person meist keinen anderen Ausweg mehr“, erzählt mir Birgit Satke. Es ist daher umso wichtiger, dass auch die Expertinnen und Experten bestmöglich unterstützt werden. Denn die Gefahr selbst daran zu zerbrechen, ist in diesem Job naturgemäß größer als in manch anderen Branchen. Darüber unterhielt ich mich auch mit dem Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf Österreich, Christian Moser, der mir erzählte, dass SOS-Kinderdorf genau dafür vorgesorgt hat. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rat auf Draht ist eine Supervision pro Monat verpflichtend, außerdem tauscht man sich in Meetings gegenseitig aus, um seine persönlichen Eindrücke mit den Kolleginnen und Kollegen zu teilen. Denn bereits der nächste Anruf kann jeden Einzelnen von ihnen mit einem ganz ähnlichen Problem konfrontieren – und dann ist es gut, sich darüber schon einmal Gedanken gemacht zu haben. Gleiches gilt auch für die „Nachwuchs-Pädagogen“ im Team: Als eingetragene Praktikumsstelle wird das Team von Praktikantinnen und Praktikanten für jeweils sechs Monate unterstützt. Teilweise führen sie bereits selbst Telefonate, allerdings natürlich nur unter Begleitung von fertig ausgebildeten Teammitgliedern. Auch Wolfram Littich war beeindruckt und bedankte sich im Namen der Allianz für die tolle und unermüdliche Arbeit, welche das gesamte Team rund um die Uhr hier leistet.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Allianz haben schon oft bewiesen, dass sie ein großes Herz für Kinder und Jugendliche haben, denen es nicht so gut geht.
Bei Rat auf Draht ging es um eine finanzielle Unterstützung. Wir hatten die Möglichkeit, wie schon beim „Haus Allianz“, im Intranet zu spenden. Das Erfreuliche daran war, dass Spenden aus allen Regionen Österreichs eintrudelten. Auf diese Art und Weise sind insgesamt 116.587 Euro zusammengekommen, die Wolfram Littich vor wenigen Tagen Christian Moser überreichte. Die Scheckübergabe fand im SOS-Kinderdorf Wien-Floridsdorf statt, wo die Hotline seit einigen Monaten beheimatet ist.

Weitere Fakten zu  Rat auf Draht

• Mehr als 100.000 Anrufe pro Jahr, das sind etwa 12 Anrufe pro Stunde.

• Rat auf Draht fungiert auch als Drehscheibe zu anderen Beratungseinrichtungen.

• Die Notruf-Hotline hilft auch online: www.rataufdraht.at verzeichnet 700.000 Zugriffe pro Jahr.

• Eine Vielzahl davon mündet in Online-Beratungen oder Chat-Gesprächen.

• Eingehende Anrufe aus ganz Österreich: von Burgenland bis nach Vorarlberg.