Ein Jahrzehnt nach der großen Finanzkrise ist die Eurozone gut in Form. Die Arbeitslosigkeit ist stark gesunken, die Leistungsbilanz weist einen robusten Überschuss auf. Dies geht aus dem aktuellen „Allianz Euro Monitor“ hervor, der eine Bewertung der Stabilität und Gesundheit der Euro-Volkswirtschaften anhand eines ausgewählten Indikatorensets ermöglicht. Österreich liegt mit einer Gesamtbewertung von 7,2 von 10 möglichen Punkten über dem Durchschnitt der Eurozone (6,8 Punkte) und unverändert auf Platz acht. „Die solide makroökonomische Entwicklung der letzten Jahre wirkte sich positiv auf die öffentlichen Finanzen aus. Österreichs Staatsschuldenquote setzte ihren deutlichen Abwärtstrend 2018 fort und erreichte mit 75 Prozent den niedrigsten Stand seit 2008. Die Aussichten für die Unternehmensverschuldung sind jedoch bei weitem nicht so rosig, die Schuldenquote stagniert derzeit auf relativ hohem Niveau“, kommentiert Martin Bruckner, Chief Investment Officer der Allianz Gruppe in Österreich und Vorstandsmitglied der Allianz Investmentbank AG, die Ergebnisse der Studie.
Österreich: Weniger Arbeitslose, bessere Exporterfolge
Die Konjunkturbelebung in den letzten drei Jahren hat dem Abbau makroökonomischer Ungleichgewichte in Österreich erheblichen Rückenwind verliehen. So verstärkte sich der 2017 einsetzende Rückgang der Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr, die Arbeitslosenquote senkte sich von 5,5 auf 4,8 Prozent, den niedrigsten Stand seit 2011. Ebenso hat sich der Aufwärtstrend der Lohnstückkosten zuletzt spürbar verlangsamt, was sich wiederum positiv auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Dieser Faktor dürfte zusammen mit der guten Wirtschaftsentwicklung wichtiger Handelspartner dazu beigetragen haben, dass die heimischen Exporte 2018 real deutlich stärker gewachsen sind als der reale Welthandel.
Eurozone: Die Großen machen Sorgen
Der Allianz Euro Monitor, der Volkswirtschaften nach 20 Indikatoren in vier Bereichen (Staatsfinanzen, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung/Produktivität sowie Außen- und Privatverschuldung) bewertet, stellt der Eurozone für 2018 insgesamt ein gutes Zeugnis aus. Erstmals erfüllten im vergangenen Jahr alle Länder der Zone das Maastricht-Kriterium eines Haushaltsdefizites von unter 3 Prozent des BIP, das durchschnittliche Haushaltsdefizit lag sogar bei nur 0,6 Prozent. Freilich ist nicht alles Gold, was glänzt. So ist jener Indikator, der die kurzfristigen Fortschritte beim Abbau von Ungleichgewichten misst, im letzten Jahr zurückgegangen. Sowohl die Bewertungen für die Entwicklung der Arbeitsproduktivität und der Lohnstückkosten als auch für die Entwicklung der Exporte im Vergleich mit dem Welthandel sind rückläufig.
„Betrachtet man die einzelnen Länder, geben besonders die vier größten Volkswirtschaften der Eurozone Anlass zur Sorge, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen", betont Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz SE. So sind Frankreich und Italien nach drei Jahren weitgehend unveränderter Bewertungen die Schlusslichter des Rankings. Zu den Verlierern zählte 2018 auch Spanien, wo sich das Reformmomentum deutlich umkehrte. „In Deutschland ist die Situation ebenfalls problematisch, obwohl es in der Gesamtwertung erneut die Pole-Position einnimmt. Dies liegt vor allem an der starken Abnahme der Reformdynamik im Vergleich zu anderen Ländern", so Heise.
Höhepunkt bereits überschritten
Die Aussichten für die Zukunft bewerten die Autoren der Allianz Studie eher düster. Zum einen verschwinde mit der weiteren Abschwächung des Aufschwungs im Euroraum der konjunkturelle Rückenwind. Darüber hinaus habe die Reformdynamik der Eurozone ihren Höhepunkt deutlich überschritten und dürfte sich in absehbarer Zeit nicht wieder beschleunigen. Verantwortlich hierfür sei die zunehmende politische Instabilität sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene durch Populismus, zunehmende Fragmentierung der politischen Landschaft und unsichere Mehrheitsverhältnisse. Dadurch werde der ohnehin geringe europäische Konsens zugunsten makroökonomischer Konvergenz und Haushaltsdisziplin weiter geschwächt. „Diese Entwicklung stellt eine eindeutige Bedrohung für die Stabilität der Eurozone dar. Nur ein ausgeprägtes politisches Umdenken - sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene - könnte dazu beitragen, diesen Trend umzukehren. Ohne eine solche Wende haben die Ergebnisse des Euro Monitors im Jahr 2018 wahrscheinlich ihren Höchststand erreicht“, erklärt Heise.